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Thailands Parlament ringt um Amnestiegesetz – Lèse-Majesté-Frage spaltet die Nation

Thailands Parlament ringt um Amnestiegesetz

Am Dienstag, den 15. Juli 2025, hat das thailändische Repräsentantenhaus eine entscheidende und emotional aufgeladene Debatte über fünf verschiedene Gesetzesentwürfe zur Amnestie für politische Straftaten begonnen. Die Gesetzesvorlagen zielen darauf ab, die politischen Konflikte der letzten Jahre aufzuarbeiten, insbesondere im Zusammenhang mit den von Jugendlichen angeführten pro-demokratischen Protesten, die 2020 begannen. Im Zentrum der Kontroverse, die die Nation spaltet, steht die Frage, ob die Amnestie auch Straftaten nach Artikel 112 des Strafgesetzbuches, dem Lèse-Majesté-Gesetz, umfassen soll. Die Abstimmung über die Entwürfe ist für den 16. Juli angesetzt und gilt als wegweisend für die politische Zukunft des Landes.  

Der Kampf um Artikel 112: Waffe oder Schutzschild?

Das Lèse-Majesté-Gesetz, das die Diffamierung, Beleidigung oder Bedrohung der Monarchie unter hohe Strafen von drei bis 15 Jahren Haft stellt, ist der Kern der Auseinandersetzung. Seit Beginn der Proteste im Jahr 2020 wurden laut der Organisation Thai Lawyers for Human Rights 1.974 Personen wegen politischer Aktivitäten angeklagt, davon allein 280 wegen Majestätsbeleidigung.  

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und ein zivilgesellschaftliches Bündnis namens „Netzwerk für eine Volksamnestie“ fordern die uneingeschränkte Einbeziehung von Artikel 112 in die Amnestie. Sie argumentieren, das Gesetz sei als „Waffe“ missbraucht worden, um friedliche Demonstranten zum Schweigen zu bringen. Der Gesetzesentwurf des Netzwerks, der von über 36.000 Bürgern unterstützt wird, sieht dies explizit vor.  

Die politische Landschaft ist tief gespalten. Während die oppositionelle People’s Party (die Nachfolgepartei der aufgelösten Move Forward Party) die Einbeziehung von Artikel 112 unterstützt, wird erwartet, dass die Regierungspartei Pheu Thai einen Entwurf favorisiert, der diese Straftaten ausschließt.  

Das Gespenst der Vergangenheit: Amnestie für wen?

Die Debatte wird durch zwei weitere kontroverse Punkte erschwert. Zum einen stellt sich die Frage, ob die Amnestie auch Korruptionsdelikte umfassen soll – ein hochsensibles Thema angesichts der rechtskräftigen Verurteilungen des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra und seiner Schwester Yingluck. Analysten und politische Gegner befürchten eine Wiederholung früherer Amnestieversuche, die als eigennützig für Politiker angesehen wurden und zu Massenprotesten führten. Es besteht der Verdacht, dass die Pheu Thai Partei ein „verstecktes Motiv“ verfolgt, um die Shinawatras reinzuwaschen.  

Zum anderen sehen einige der Gesetzesentwürfe eine pauschale Amnestie für Sicherheitskräfte und Beamte vor, die für Menschenrechtsverletzungen bei der Niederschlagung von Protesten verantwortlich sind. Dieser Punkt wird von Menschenrechtsgruppen scharf kritisiert, die Gerechtigkeit für die Opfer fordern und eine Straffreiheit für die Täter ablehnen.  

Ausblick

Die Amnestiedebatte ist mehr als ein juristischer Prozess; sie ist ein Stellvertreterkrieg um die Seele Thailands und die zukünftige Rolle der Monarchie in der Gesellschaft. Die Regierungspartei Pheu Thai befindet sich in einer Zwickmühle zwischen den Forderungen ihrer pro-demokratischen Wählerschaft und dem Widerstand des konservativen Establishments. Analysten prognostizieren, dass die umstrittensten Punkte – Majestätsbeleidigung und Korruption – wahrscheinlich aus einem endgültigen Gesetzentwurf gestrichen werden, um überhaupt eine Mehrheit zu finden. Ein solcher Kompromiss würde jedoch die Kernanliegen der Protestbewegung von 2020 ignorieren und das Ziel der nationalen Versöhnung verfehlen, was das Potenzial für neue politische Unruhen birgt.  

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