Regierungskrise in Thailand: Verfassungsgericht suspendiert Premierministerin Paetongtarn Shinawatra
Bangkok – Thailand ist in eine schwere politische Krise gestürzt, nachdem das Verfassungsgericht des Landes am Dienstag Premierministerin Paetongtarn Shinawatra mit sofortiger Wirkung ihres Amtes enthoben hat. Die einstimmige Entscheidung der Richter, eine Ethik-Petition gegen die Regierungschefin zur Prüfung anzunehmen und sie mit einer Mehrheit von 7 zu 2 Stimmen bis zu einem endgültigen Urteil zu suspendieren, markiert den vorläufigen Höhepunkt eines Skandals, der das Land seit Wochen in Atem hält.
Auslöser der Krise ist ein durchgesickertes Telefongespräch zwischen Paetongtarn und dem ehemaligen kambodschanischen Premierminister und jetzigen Senatspräsidenten Hun Sen. In dem Versuch, die Spannungen nach einem tödlichen Grenzkonflikt Ende Mai zu deeskalieren, bezeichnete die Premierministerin den kambodschanischen Machtpolitiker als „Onkel“ und kritisierte einen hochrangigen thailändischen Armeekommandeur als ihren „Gegner“. Die Äußerungen lösten landesweit Empörung aus und führten zu Massenprotesten in Bangkok, bei denen Demonstranten Paetongtarn als „Verräterin“ beschimpften und ihren Rücktritt forderten.
Die Petition, die von 36 konservativen Senatoren eingereicht wurde, wirft der Premierministerin einen schwerwiegenden Verstoß gegen die ministeriellen Ethikrichtlinien vor. Das Gericht gab Paetongtarn eine Frist von 15 Tagen, um Beweise zu ihrer Verteidigung vorzulegen.
Der politische Schaden ist bereits immens. Die einflussreiche Bhumjaithai-Partei, der größte Koalitionspartner, verließ die Regierung unter dem Vorwurf, Paetongtarns Handlungen hätten die nationale Souveränität und das Militär untergraben. Ihre Regierungskoalition verfügt nun nur noch über eine hauchdünne Mehrheit von 255 der 500 Sitze im Parlament, was das Land politisch lähmt.
Politische Analysten sehen in der Suspendierung ein „bekanntes Muster“ in der thailändischen Politik, das oft als „Justizputsch“ bezeichnet wird. Paetongtarn ist bereits die sechste Premierministerin, die in den letzten zwei Jahrzehnten suspendiert oder abgesetzt wurde, und das dritte Mitglied ihrer Familie, das dieses Schicksal ereilt. Ihr Vater, Thaksin Shinawatra, wurde 2006 durch einen Militärputsch gestürzt, ihre Tante, Yingluck Shinawatra, 2014 durch ein Gerichtsurteil. Experten wie Purawich Watanasukh von der Thammasat-Universität sprechen von einem „wiederkehrenden Zyklus politischer Instabilität“, der Thailands „fragile Demokratie“ kennzeichnet, in der nicht gewählte Institutionen wiederholt die Macht gewählter Regierungen untergraben.
Die Zukunft des Landes ist ungewiss. Während die Justiz ermittelt, steht Thailand vor einer Phase der politischen Lähmung, die die bereits angeschlagene Wirtschaft weiter zu belasten droht.