Diplomatischer Eklat: Durchgesickerter Anruf nach Kambodscha stürzt Regierung in die Krise
Bangkok – Ein Telefongespräch, das eigentlich zur Deeskalation gedacht war, hat sich zum Zünder einer schweren Regierungskrise in Thailand entwickelt. Ein durchgesickerter Mitschnitt eines Anrufs zwischen Premierministerin Paetongtarn Shinawatra und dem einflussreichen kambodschanischen Senatspräsidenten Hun Sen hat einen diplomatischen Eklat ausgelöst, der zum Bruch der Regierungskoalition und zur Suspendierung der Premierministerin führte.
Der Anruf fand Mitte Juni statt und sollte die Spannungen nach einem tödlichen Grenzkonflikt am 28. Mai, bei dem ein kambodschanischer Soldat getötet wurde, beruhigen. Der Inhalt des Gesprächs sorgte in Thailand jedoch für landesweite Empörung. In der Aufnahme ist zu hören, wie Paetongtarn den ehemaligen kambodschanischen Premierminister Hun Sen, einen langjährigen Freund ihres Vaters Thaksin Shinawatra, vertraulich als „Onkel“ bezeichnet. Zudem nannte sie einen hochrangigen thailändischen Armeekommandeur, der für die Grenzregion zuständig ist, ihren „Gegner“.
Diese Äußerungen wurden von Kritikern als Untergrabung der nationalen Souveränität und als respektlos gegenüber dem eigenen Militär gewertet. Die öffentliche Reaktion war heftig. Am darauffolgenden Wochenende versammelten sich laut Polizeischätzungen rund 20.000 nationalistisch und konservativ geprägte Demonstranten in Bangkok. Sie schwenkten thailändische Flaggen und trugen Schilder, auf denen die Premierministerin als „Verräterin“ und „Ausverkäuferin“ bezeichnet und ihr sofortiger Rücktritt gefordert wurde.
Die politischen Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten. Die Bhumjaithai-Partei, der größte und wichtigste Partner in der Regierungskoalition, zog sich unter Berufung auf den Vorfall aus der Regierung zurück. Dieser Schritt reduzierte die Mehrheit der Regierung im 500 Sitze zählenden Parlament auf eine knappe Mehrheit von nur noch 255 Stimmen, was die Regierung erheblich schwächte.
Der kambodschanische Premierminister Hun Manet, Sohn von Hun Sen, kommentierte die Lage öffentlich und erklärte, sein Land warte darauf, mit einem thailändischen Führer zu verhandeln, der über „echte Autorität“ und ein „legitimes Mandat“ verfüge – eine Aussage, die von Beobachtern als klare Anspielung auf die geschwächte Position Paetongtarns interpretiert wird.
Der Skandal gipfelte schließlich in der Entscheidung des Verfassungsgerichts, eine von 36 Senatoren eingereichte Petition anzunehmen und Paetongtarn wegen eines möglichen schweren Ethikverstoßes vorläufig ihres Amtes zu entheben. Ein einzelnes Telefonat hat somit nicht nur die Beziehungen zum Nachbarland belastet, sondern Thailand in eine tiefe innenpolitische Krise gestürzt.