Vom „Scammer-Krieg“ zum Handelskrieg: Spannungen zwischen Thailand und Kambodscha eskalieren an allen Fronten
Am 11. Juli 2025 hat sich die Krise zwischen den beiden südostasiatischen Königreichen Thailand und Kambodscha dramatisch verschärft. Was als notwendige Maßnahme zur Kriminalitätsbekämpfung begann, ist zu einem umfassenden diplomatischen, kulturellen und wirtschaftlichen Konflikt eskaliert. Während Thailand eine neue Offensive gegen grenzüberschreitende Betrügerbanden gestartet hat, reagiert Kambodscha mit scharfen Gegenvorwürfen, Protesten bei der UNESCO und schmerzhaften wirtschaftlichen Sanktionen.
Der „Scammer-Krieg“ als diplomatischer Brandbeschleuniger
Im Zentrum der sicherheitspolitischen Auseinandersetzung steht die thailändische Polizeioperation „I2LAI“, die darauf abzielt, von Nachbarländern aus operierende Callcenter-Betrügerbanden zu zerschlagen. Die Operation, die in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie dem UNODC und INTERPOL durchgeführt wird, richtet sich insbesondere gegen die „Gok An“-Bande, deren Drahtzieher in Kambodscha vermutet werden. Erste Razzien führten zur Beschlagnahmung von Vermögenswerten in Milliardenhöhe.
Anstatt zu kooperieren, warf die kambodschanische Regierung Thailand jedoch vor, das Land als Sündenbock für seine eigene Betrugskrise zu missbrauchen. Pen Bona, Sprecher der kambodschanischen Regierung, bezeichnete die thailändischen Maßnahmen als „Verleumdungskampagne“ und „Ablenkungsmanöver“. Er forderte Thailand auf, sich stattdessen auf seine eigene Rolle als Transitzone für Betrugssyndikate zu konzentrieren, wie es ein UN-Bericht nahegelegt habe.
Streit um das Kulturerbe und wirtschaftliche Vergeltung
Die Spannungen haben auch eine tief verwurzelte kulturelle Dimension erreicht. Auf der 47. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees äußerte die kambodschanische Kulturministerin Dr. Phoeurng Sackona „tiefe Besorgnis“ über den Bau einer großen Replik des Angkor-Wat-Tempels in der thailändischen Provinz Buriram . Kambodscha sieht darin eine Verletzung der Welterbekonvention von 1972, die „die Integrität, Authentizität und den außergewöhnlichen universellen Wert“ der Stätte untergräbt . Der Streit ist hoch emotional, da Angkor Wat ein zentrales Symbol der nationalen Identität Kambodschas ist und frühere Konflikte darüber bereits zu Gewalt führten.
Die politische Konfrontation hat nun direkte wirtschaftliche Folgen. Die Schließung des Grenzübergangs Ban Had Lek in der thailändischen Provinz Trat hat in nur zwei Wochen zu wirtschaftlichen Verlusten von über 10 Milliarden Baht geführt. Als Reaktion auf die thailändischen Maßnahmen verhängte Kambodscha zudem ein umfassendes Importverbot für thailändisches Obst und Gemüse, eine Drohung, die der einflussreiche Senatspräsident Hun Sen zuvor ausgesprochen hatte.
Ausblick:
Die Situation zwischen Thailand und Kambodscha ist hochentzündet und wird von beiden Seiten mit nationalistischer Rhetorik befeuert. Die Verknüpfung von Sicherheits-, Kultur- und Wirtschaftsfragen deutet auf eine koordinierte Konfrontationsstrategie hin, die von erfahrenen Politikern wie Hun Sen im Hintergrund gesteuert wird. Die wirtschaftlichen Schäden sind kein Kollateralschaden, sondern ein gezieltes Druckmittel. Solange keine Seite zu einer Deeskalation bereit ist, droht der Konflikt weiter zu eskalieren und die wirtschaftliche sowie politische Stabilität in der Grenzregion nachhaltig zu beschädigen.