Handelskrieg am Horizont: Thailand bangt vor US-Strafzöllen nach Vietnam-Deal
Bangkok/Washington – Für die thailändische Wirtschaft läuft die Zeit ab. Während das Land mit einer schweren innenpolitischen Krise ringt, blickt die Wirtschaftswelt mit höchster Anspannung nach Washington. Dort muss ein thailändisches Verhandlungsteam bis zum 9. Juli ein Handelsabkommen mit den USA erzielen, um drohende Strafzölle von bis zu 36 % auf thailändische Waren abzuwenden. Die Verhandlungen wurden nun durch einen unerwarteten Schritt erschwert: Die USA haben ein Abkommen mit Vietnam geschlossen, das einen neuen, harten Maßstab setzt und die Sorgen in Thailand massiv verstärkt.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass Vietnam einer Zollrate von 20 % auf direkte Exporte in die USA zugestimmt hat. Diese Vereinbarung, die eine deutliche Reduzierung gegenüber den ursprünglich angedrohten 46 % darstellt, wird nun als entscheidender Referenzpunkt für die Gespräche mit Thailand gesehen.
Wirtschaftsanalysten äußern die Befürchtung, dass Thailand, das für die USA als strategisch weniger bedeutsam als Vietnam eingeschätzt wird, Schwierigkeiten haben könnte, bessere Konditionen auszuhandeln. Die politische Instabilität in Bangkok, mit einer suspendierten Premierministerin, schwächt die Verhandlungsposition zusätzlich.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen eines Scheiterns oder eines schlechten Deals wären gravierend. Verschiedene Wirtschaftsforschungsinstitute haben Szenarien für die Auswirkungen auf das thailändische Bruttoinlandsprodukt (BIP) modelliert:
- Wahrscheinlichster Fall (Basisszenario): Bei Zöllen zwischen 15 % und 20 % würde das BIP-Wachstum laut Prognosen der University of the Thai Chamber of Commerce (UTCC) und INVX Research auf 1,1 % bis 1,7 % sinken.
- Schlimmster Fall (Worst-Case): Sollten die Zölle auf 25 % bis 37 % steigen, könnte die thailändische Wirtschaft stagnieren oder sogar um bis zu 1,1 % schrumpfen.
Besonders gefährdet sind Schlüsselindustrien wie die Elektronik- und die Automobilbranche, die einen erheblichen Teil der thailändischen Exporte in die USA ausmachen. Auch die Landwirtschaft, Textil- und Schuhindustrie könnten erhebliche Nachteile erleiden, sollte Thailand höhere Zölle als der regionale Konkurrent Vietnam auferlegt bekommen.
Trotz der Krise bemüht sich die thailändische Regierung um eine Lösung. Finanzminister Pichai Chunhavajira führt die Delegation in den USA an und betonte, man strebe eine „Win-Win“-Lösung an. Das Hauptziel sei es sicherzustellen, dass Thailand nicht höher besteuert wird als andere Länder, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die kommenden Tage werden entscheidend dafür sein, ob Thailand einen Handelskrieg abwenden und seine fragile Wirtschaft vor weiterem Schaden bewahren kann.